PUBLIC HYBRID ERÖFFNET
Das Kunstwerk »Public Hybrid« des Künstlers David Jablonowski (*1982, lebt und arbeitet in Almere und Amsterdam) ist das zwanzigste Werk für den Emscherkunstweg. Am Emscher-Ufer in Dortmund Schüren wurde die mehrteilige Installation an diesem Freitag, 26. November, von den Kooperationspartnern des Emscherkunstwegs – Urbane Künste Ruhr, Emschergenossenschaft und Regionalverband Ruhr – feierlich eröffnet. Schirmherrin des einzigartigen Skulpturenwegs und Kulturministerin des Landes Nordrhein-Westfalen Isabel Pfeiffer-Poensgen ist begeistert über den jüngsten Zuwachs: »Mit David Jablonowskis Arbeit ›Public Hybrid‹ ist der Weg um ein konzeptuelles Kunstwerk mit regionalem Bezug reicher. In ihm verschmelzen Rohstoffe, die sinnbildlich für verschiedene historische Phasen und Gesellschaftsformen stehen und den Wandel des Ruhrgebiets reflektieren.«
Public Hybrid am Emscher-Weg in Dortmund-Schüren. Foto: Heinrich Holtgreve
Eher unvermittelt taucht die mehrteilige Installation »Public Hybrid« kurz vor dem Phoenix-See in Dortmund auf einer Grünfläche am Rande des Emscher-Wegs auf. In mehreren farblich unterschiedenen Gruppen schichtet David Jablonowki 3D-Drucke und Ruhrsandstein wie Sedimente übereinander. Als seien sie Teil einer natürlichen Landschaft ragen die künstlichen Formationen aus dem Boden. Die leuchtenden Elemente tragen tonnenschwere Bruchsteine: In Farbverläufen von Rot-Lila bis Gelb-Türkis-Blau hat der Künstler Plastikabfall mittels 3D-Drucker zu amorphen Formen aufgebaut – unverkennbar durch die typische Rillenstruktur. Damit die natürliche Bruchkante des Steins nahtlos auf den Kunststoff passt, wurde die Oberkante passgenau ebenfalls per Roboter abgefräst. Der Sandstein stammt aus einem Steinbruch in Sprockhövel und ist 320 Millionen Jahre alt. Bis heute wird der Ruhrsandstein abgebaut, er gilt als einer der witterungsbeständigsten Deutschlands. Insgesamt sind 27 Steine Teil der Installation, der schwerste wiegt 2,8 Tonnen.
Der in Bochum aufgewachsene Künstler beschäftigt sich mit der Geschichte, aber auch der Zukunft des konkreten Ortes sowie des gesamten Ruhrgebiets: »Eine Quelle von 1296 belegt den Ruhrbergbau erstmals hier im Dortmunder Süden«, erklärt Jablonowski, »Mich fasziniert die Vorstellung, dass das Ruhrgebiet aus Gruben und Stollen unterirdisch noch einmal existiert. Und mich interessieren industrielle Materialien und ihre Produktionsbedingungen, vor allem die unsichtbaren Strukturen.« Durch die Kohleförderung erlebte das Ruhrgebiet Wohlstand und Innovationsschübe. Mit dem Ende der Ruhrkohle galt es, sich neu zu erfinden und Rohstoffe zu entwickeln, die Zukunft gestalten. Das 3D-Druckverfahren hat Innovationspotential und bietet Chancen für eine nachhaltigere industrielle Produktion. So ermöglicht es die Technik des 3D-Drucks unter anderem, Kunststoffabfall als Rohstoff wiederzuverwerten: Aus Granulat und einer Computerzeichnung kreiert der 3D-Drucker ein physisches Objekt.
Mit der Verbindung der gegensätzlichen Materialien Kunststoff und Sandstein und den damit verbundenen Technologien reflektiert Jablonowski auch den Emscher-Umbau durch die Emschergenossenschaft, der mit dem Einsatz von hochtechnologisierten Maßnahmen und ökologischen Eingriffen eine hybride Landschaft formt. Entlang des Emscher-Wegs in Dortmund lädt »Public Hybrid« auf einer Länge von etwa 30 Metern zum Verweilen ein am bereits renaturierten Emscherlauf. Für Jablonowski ist es das erste permanente Kunstwerk im öffentlichen Raum: »Ich freue mich sehr darüber, dass hier in meiner alten Heimat nun dauerhaft eine künstlerische Arbeit von mir zu finden ist, die von der Geschichte erzählt und gleichzeitig einen Ausblick auf mögliche Zukunftsvisionen gibt.«
STATEMENTS
Norbert Schilff, Bürgermeister Dortmund:
»Der Emscherkunstweg ist eine Bereicherung für unsere Region und ein Tourismusmagnet. Hier können wir zeigen, dass das Bild einer grauen Stadt, in der es Rußflocken regnet und wo die Briketts durch die Luft fliegen auf Dortmund und die Region überhaupt nicht zutrifft. Dortmund ist die viertgrünste Stadt weltweit und die grünste Stadt in Deutschland. Mit der Skulptur ›Public Hybrid‹ von David Jablonowski wird die Verbindung von Montanindustrie, Strukturwandel, Renaturierung, Kultur, Freizeit und Erholung im wahrsten Sinn des Wortes erlebbar.«
Isabel Pfeiffer-Poensgen, Schirmherrin und Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen:
»Der Emscherkunstweg macht den Wandel der Emscherregion künstlerisch erfahrbar. Mit David Jablonowskis Arbeit ›Public Hybrid‹ ist der Weg um ein konzeptuelles Kunstwerk mit regionalem Bezug reicher. In ihm verschmel-zen Rohstoffe, die sinnbildlich für verschiedene historische Phasen und Gesellschaftsformen stehen und den Wandel des Ruhrgebiets reflektieren: Hier der Jahrmillionen alte Sprockhöveler Sandstein, der eng mit der Lokal-geschichte des Bergbaus verknüpft ist, dort der farbige Kunststoff, der digital im 3D-Drucker aus Plastikmüll erzeugt wurde und den umfassenden Wandel der Region bildlich fasst. Die hybriden Formationen verweisen in ihrer quasi-geologischen Schichtung auf die Spuren des Menschen im Zeitalter des Anthropozäns.«
Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel, Regionalverband Ruhr:
»›Public Hybrid‹ greift nicht nur die Vergangenheit des Ruhrkohlebergbaus auf, sondern zeigt durch die Verwendung von modernen Fertigungstechniken auch das innovative Potenzial unserer Region. Ich bin mir daher sicher, dass es sich bald zu einem absoluten Besucherliebling entlang des Emscherkunstwegs entwickeln wird.«
Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender Emschergenossenschaft:
»Der Umbau der Emscher ist ein hochinnovatives Projekt, das die Modernisierung technischer und natürlicher Infrastrukturen vereint, mit dem Ziel, den Fluss samt seiner Nebenläufe ökologisch zu verbessern und ihn wieder für die Menschen erlebbar zu machen. Wir freuen uns über David Jablonowskis Arbeit ›Public Hybrid‹, die die Wechselwirkung von Natur und Technik, die den Wandel der Emscher prägt, auf eindrucksvolle Weise reflektiert.«
Dr. Vera Battis-Reese, Geschäftsführerin Kultur Ruhr GmbH:
»Der Emscherkunstweg und die Stadt Dortmund werden um ein im wahrsten Sinne des Wortes vielschichtiges Kunstwerk reicher. In ›Public Hybrid‹ trifft Millionen Jahre alter Sandstein auf innovative Technologie: David Jablonowski verweist mit der 3D-Drucktechnik auf unsere von digitalen Strukturen geprägte Kommunikation, die – wie die Bergbaustollen und Flöze unter der Erde – eine unsichtbare Parallelwelt in der Luft bilden.«
Britta Peters, Künstlerische Leiterin Urbane Künste Ruhr:
»Konzeptionell spielt bei der Weiterentwicklung des Emscherkunstwegs auch die Erweiterung der vorhandenen, künstlerischen Positionen eine große Rolle. David Jablonowski arbeitet nicht nur oberflächlich mit einem gänzlich neuen Material, sondern setzt es vielfältig zur Industriegeschichte der Region in Beziehung. Gleichzeitig schafft er eine räumliche Situation von großer Schönheit, wer möchte kann hier durchaus eine aktualisierte Variante von Caspar David Friedrichs historischer Landschaftsmalerei assozieren.«
KOOPERATION
Der Emscherkunstweg ist eine Kooperation zwischen Urbane Künste Ruhr, Emschergenossenschaft und Regionalverband Ruhr unter der Schirmherrschaft von Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. Der Skulpturenweg ist aus dem temporären Ausstellungsformat Emscherkunst hervorgegangen, das seit 2010 den Emscher-Umbau durch die Emschergenossenschaft begleitet hat. Seit 2018 wird der Emscherkunstweg unter der künstlerischen Leitung von Britta Peters, Urbane Künste Ruhr, als permanentes Angebot neu konzeptioniert und erweitert.