Ab dem 1. Mai 2021 ist »Neustadt« von Julius von Bismarck in Zusammenarbeit mit Marta Dyachenko im Landschaftspark Duisburg-Nord öffentlich zugänglich. Die Kooperationspartner Urbane Künste Ruhr, Emschergenossenschaft und Regionalverband Ruhr sind glücklich über die großflächige Installation, die den Emscherkunstweg nun dauerhaft bereichert. Ganz besonders begrüßt die Schirmherrin des Emscherkunstwegs Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, das »poetische Gesamtkunstwerk« und ist überzeugt, dass »Neustadt« den Emscherkunstweg in der Kunstwelt einmal mehr in den Blick rückt.
Über zwei Jahre Planung und Recherche sind der Umsetzung von »Neustadt« vorausgegangen. Der in Berlin lebende Künstler Julius von Bismarck hat sich für die Arbeit die Architektin und Künstlerin Marta Dyachenko an die Seite geholt. Gemeinsam haben sich die beiden die letzten zwanzig Jahre Bau- oder vielmehr Abrissgeschichte des Ruhrgebiets näher angeschaut und schließlich 23 abgerissene Gebäuden ausgewählt, die sie als skulpturale Modelle wieder auferstehen lassen. Auf einer Grünfläche zwischen der Alten Emscher, dem Fahrradweg »Grüner Pfad« und der Autobahn A 42 entsteht im Maßstab 1:25 entlang von zwei Straßenzüge eine fiktive Stadt im Duisburger Landschaftspark-Nord.
»Neustadt« erzählt vom Wohnen und Leben in den Städten an der Emscher und im gesamten Ruhrgebiet: Die Auswahl der Gebäudetypen und Bauaufgaben folgte dabei keinem strengen System, sondern auch ästhetischen, skulpturalen Kritierien und dem Wunsch einen Querschnitt des lokalen Städtebaus aufzuzeigen. So steht neben einem Essener Mietshaus aus der Gründerzeit der Wohnkomplex einer einstigen Modellsiedlung von 1965 aus Marl, in der Nachbarschaft erzählen weitere Wohneinheiten im Plattenbaustil von der Sozialgeschichte der 1970er Jahre. Besonders dramatisch ist die Geschichte der 16-geschossigen Wohnhochhäuser »Weiße Riesen« aus Kamp-Lintfort, die lange leer standen, bevor ihr Abriss Platz für etwas Neues bot. Die Lebenszyklen der Paulskirche aus Duisburg von 1970 oder der Kirche St. Joseph aus Essen-Kupferdreh, die 1904 im neugotischen Stil fertiggestellt und 2015 abgerissen wurde, stehen beispielhaft für den gesellschaftlichen Wandel, der sich auch in den Glaubensgemeinschaften zeigt. Die Volkshochschule in Essen mit ihrer besonderen stufenförmigen Architektur und den Waschbeton-Reliefs an der Fassade oder das Hallenbad in Marl erinnern an ›bessere Zeiten‹ und lassen auch Fragen zum Denkmalschutz aufkommen, gehörten sie doch einst zu den Ikonen der modernen Architektur der Nachrkriegszeit. Vielen Gebäuden ist gemein, dass sie auf eine lange ›Leidensgeschichte‹ zurückblicken können: oftmals verfielen die Architekturen, weil von den Verantwortlichen eine Nutzung, Umnutzung oder Sanierung nicht errungen werden konnte.