Im Ruhrgebiet gibt es über 250 Halden — bis zu 140 Meter hohe, künstliche Berge aus Abraum, Schlacke und Bauschutt —, die als Zeugen von der Bergbau- und Industriegeschichte erzählen. Viele Halden wurden seit Ende der 1980er Jahre im Zuge der Internationalen
Bauausstellung (IBA) Emscher Park umgestaltet, einige von ihnen von monumentalen Installationen besiedelt.
Die erste Großplastik war 1987 Raimund Kummers Schwelle in Essen, es folgte 1998 Richard Serras Bramme für das Ruhrgebiet auf der Schurenbachhalde. Auf die beiden Monumentalskulpturen der männlichen Kollegen reagierte die Bildhauerin Rita McBride anlässlich der Emscherkunst 2010 mit einer weniger ostentativen Geste: An einer unscheinbaren Kreuzung zwischen Emscher und Rhein-Herne-Kanal in Altenessen ließ die Künstlerin einen 14 Meter hohen, glänzend schwarzen Obelisken aufstellen. Der Titel Carbon Obelisk benennt schlicht Form und Material. Trotz der einfachen und bekannten Form wirkt der filigrane Spitzpfeiler mit seiner High-Tech-Hülle aus rautenförmig übereinandergelegten Karbonfasern
wie ein Fremdkörper auf der staubigen Weggabelung. Ursprünglich stellten die monolithischen Obelisken im Alten Ägypten eine Verbindung zur Götterwelt dar, später wurden sie von den römischen Eroberern als Siegestrophäe an bedeutenden Orten im eigenen Reich wieder aufgestellt. Neuzeitliche Obelisken erfüllten kartografische Zwecke und markierten Distanzen. Auch wenn Ort und Ausmaß der Skulptur weniger prominent erscheinen als die der Landmarken auf den Halden, so eröffnet McBride mit diesem Kunstwerk dennoch vielfältige Bezüge zu ihrem Aufstellungsort.
Die schwarz-glänzende Oberfläche des Obelisken besteht aus Karbon. Der Verbundstoff aus Kohlenstofffasern ist extrem leicht und bruchsicher.
Mit dem verwendeten Karbon bezieht sich die Künstlerin einerseits auf das High-Tech-Material und auf eine fortschreitende Zivilisation, andererseits bezeichnet Karbon das Erdzeitalter, in dem Steinkohle entstanden ist und verweist damit auf den Anfang der Industrialisierung schlechthin. Mit der Markierung der Kreuzung mehrerer Radwege zwischen Rhein-Herne-Kanal und dem einstigen Abwasserkanal Emscher spielt McBride nicht zuletzt auf den kulturellen Wandel des Ruhrgebiets an.
Schön von oben: Die Kunstwerke des Emscherkunstwegs lassen sich auch aus der Luft bestaunen.
Credits: Filmkonzept, Kamera, Drohne & Postproduktion: Gionik Media GmbH, Dirk Gion Opterix, Johannes Kassenberg Musik & Sounddesign: Samuel Brözel © VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Emscher-Weg, Höhe Karnaper Straße 30
45329 Essen
Von Essen Hauptbahnhof mit U11 (Richtung Gelsenkirchen Buerer Straße) bis Haltestelle Arenbergstraße, weiter entgegen der Fahrtrichtung ca. 700 m zu Fuß.
MATERIAL
Stahlkonstruktion, Karbon
Höhe: 14 m
Im August 2019 wurde die Karbon-Beschichtung erneuert.